Härtefallscheidung – Wann können Sie die Scheidung beschleunigen?

Von Geralt R.

Letzte Aktualisierung am: 26. Januar 2024

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Härtefallscheidung

Manchmal ist das Erwachen besonders böse: Der Mensch, dem die eigene Liebe galt, wird plötzlich aufgrund eines Vorfalls unerträglich. Viele Fragen sich dann: Wann ist eine besondere Härte begründbar? Denn die Härtefallscheidung erspart den Betroffenen das Trennungsjahr.

Das Wichtigste in Kürze: Härtefallsscheidung

Ist eine Trennung ohne Trennungsjahr möglich?

Grundsätzlich ist eine „schnelle“ Scheidung – auch „Blitzscheidung“ oder Scheidung im Eilverfahren – ohne Trennungsjahr bei der einvernehmlichen bzw. ohne dreijährige Trennungszeit bei der streitigen Scheidung nicht möglich.

Wann ist eine Scheidung ohne Trennungsphase dennoch möglich?

Nur ausnahmsweise kann eine sofortige Scheidung ohne Trennungsphase erfolgen. Voraussetzung dafür ist, dass die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller eine unzumutbare Härte darstellt, die in der Person des anderen Ehegatten begründet ist (§ 1565 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)).

Wann ist eine unzumutbare Härte bei der Weiterführung einer Ehe gegeben?

Hier finden Sie einige Gründe, die vor Gericht angeführt werden können, um die Notwendigkeit einer sofortige Scheidung zu belegen.

Was kann den Härtefall begründen?

Nähere Informationen finden Sie hier:

Blitzscheidung Scheidung im EilverfahrenGewalt in der Ehe Psychische Gewalt in der Ehe Härtefallregelung Trennungsjahr bei Härtefall

Bei einer Härtefallscheidung kann die Ehe im Vergleich zu anderen Scheidungen sofort geschieden werden. Eine bestimmte Trennungszeit ist hier nicht notwendig.
Bei einer Härtefallscheidung kann die Ehe im Vergleich zu anderen Scheidungen sofort geschieden werden. Eine bestimmte Trennungszeit ist hier nicht notwendig.

Die Rechtsprechung setzt hohe Hürden

Auch bei der Härtfallscheidung muss die Ehe gescheitert sein, also von keiner Wiederherstellung der nicht mehr bestehenden Lebensgemeinschaft der Ehegatten auszugehen sein (§ 1565 Abs. 1 BGB).

Während die drei anderen Fälle der Scheidung (einvernehmliche bzw. streitige Scheidung nach einem Jahr Trennungszeit sowie streitige Scheidung nach dreijähriger Trennungszeit) jeweils eine Trennungsphase voraussetzt, kann die Zerrüttung der Ehe aufgrund eines Härtefalls also sofort geschieden werden.

Härtefallscheidung: Welche Gründe vorliegen müssen – und welche nicht ausreichen

Entscheidend für die Frage, ob ein Härtefall vorliegt, ist aber nicht das subjektive Empfinden des scheidungswilligen Ehegatten. Die Tatsache, dass sich ein Ehepartner möglicherweise recht lieblos verhält oder auch einen sexuellen Fehltritt begangen hat, ist für den anderen Ehegatten sicherlich tief verletzend. Aber dies berührt in erster Linie dessen persönliche Gefühle und ist nicht zwingend eine unzumutbare, in der Person des anderen Ehepartners begründete Härte.

Maßstab ist vielmehr, ob eine besonnene dritte Person bei einer ruhigen Abwägung aller Umstände des Einzelfalls das Verhalten des anderen Ehegatten ebenfalls als eine unzumutbare Belastung empfinden würde, die – umgangssprachlich – eine „Härtefallregelung“ und eine sofortige Trennung rechtfertigt.

Der Grund für eine Härtefallregelung muss gravierend sein und in der Person des anderen Ehegatten liegen wie z.B. persönliche Eigenschaften oder Krankheit.
Der Grund für eine Härtefallregelung muss gravierend sein und in der Person des anderen Ehegatten liegen wie z.B. persönliche Eigenschaften oder Krankheit.

Die Gründe für die Härtefallscheidung können dabei auch erst nach dem Scheitern der Ehe eingetreten sein, also während der Trennungsphase, in der die Ehegatten bereits getrennt voneinander leben. Ebenso muss der andere Ehepartner die Gründe für die unzumutbare Härte nicht verschuldet haben, so dass auch dessen persönliche Eigenschaften die Grundlage für eine sofortige Scheidung bilden könnten.

Da die Familiengerichte bei Härtescheidungen sehr zurückhaltend sind, müssen die Härtegründe besonders gravierend und eben gerade in der Person des anderen Ehegatten liegen. Beispiele hier zu sind etwa:

  • Alkoholmissbrauch unter Verweigern oder mehrfaches Scheitern von Entziehungskuren
  • Beleidigungen und Beschimpfungen des Ehepartners fortlaufend in Gegenwart der Kinder
  • Beleidigungen, Bedrohungen und Misshandlungen von schwerster Art und speziell im Beisein der Kinder
  • Drogenmissbrauch über mehrere Jahre und in Gegenwart der Kinder
  • Ehebrecherische Beziehung mit sich daraus ergebender Schwangerschaft
  • Eheschließung zur Erhaltung eines Aufenthalttitels
  • Nervenkrankheit, die vor der Eheschließung nicht bekannt war
  • Morddrohungen gegenüber dem Ehegatten
  • Prostitution, die nach der Trennung ausgeübt wird
  • Selbstmordversuch, für den der Ehepartner nicht mitursächlich war
  • Sexuelle Perversionen, wozu der andere Ehegatte auffordert
  • Straftaten gegenüber dem Ehepartner
  • Vergewaltigung des Ehegatten, nachdem dieser den Kontakt abgebrochen bzw. sich getrennt hat und auch nicht mehr zum Ehepartner zurückkehrt

Nur solche und ähnliche Eheprobleme nebst Trennung rechtfertigen die Scheidung im Härtefall.

Nachlässigkeit im Haushalt, Eifersucht und ein einmaliger körperlicher Angriff greifen als Gründe für eine sofortige Scheidung nicht.
Nachlässigkeit im Haushalt, Eifersucht und ein einmaliger körperlicher Angriff greifen als Gründe für eine sofortige Scheidung nicht.

Keine Gründe für die Härtefallscheidung bilden dagegen laut Familienrecht eine nachlässige Haushaltsführung, unbegründete Eifersuchtsszenen und ein einmaliger, im Affekt begangener körperlicher Angriff auf den Ehegatten. Schwieriger ist es beim Ehebruch. Eine Scheidung wegen unzumutbarer Härte kommt aufgrund des Wandels in den gesellschaftlichen Vorstellungen nur beim Vorliegen weiterer, erheblicher Gründe in Betracht. Dies gilt ebenso bei Pflichtverletzungen beim Unterhalt oder der Aufnahme einer gleichgeschlechtlichen Beziehung.

Von der Härtefallscheidung zu unterscheiden sind zudem die Fälle, in denen eine Ehe aufgehoben bzw. annulliert wird, so etwa die „Scheidung“ einer Scheinehe, bei der sich die Ehepartner bei der Eheschließung darüber im Klaren waren, dass tatsächlich keine eheliche Lebensgemeinschaft begründet werden sollte.

Wie der Ablauf der Härtefallscheidung erfolgt – und warum diese nicht immer sinnvoll ist

Wer sich aus Härtefallgründen sofort scheiden lassen möchte, muss diese Gründe im Scheidungsantrag darlegen und für deren Vorliegen Beweise anbieten, etwa durch Zeugenaussagen, Urkunden wie ärztliche Atteste oder durch andere Beweismittel. Dies bedeutet zunächst, dass eine Härtefallscheidung nur dann Aussicht auf Erfolg hat, wenn der Härtefall tatsächlich belegt werden kann. Bestreitet der andere Ehegatte trotzdem, dass diese Gründe tatsächlich vorliegen, muss das Familiengericht regelmäßig in eine Beweisaufnahme durchführen, in der beispielsweise die Zeugen vernommen werden. Unter Umständen zieht sich der Scheidungsprozess aber dadurch so sehr in die Länge, dass er nicht wesentlich kürzer als eine (streitige) Scheidung mit einjährigem Trennungsjahr ist.

Um eine Härtefallscheidung durchführen zu können müssen Beweise für den Härtefall vorliegen. Das können Zeugenaussagen oder ein ärztliches Attest sein.
Um eine Härtefallscheidung durchführen zu können müssen Beweise für den Härtefall vorliegen. Das können Zeugenaussagen oder ein ärztliches Attest sein.

Ein weiteres Problem stellt der Versorgungsausgleich dar. Ist dieser zwingend durchzuführen, dauert es grundsätzlich vier bis sechs Monate, bis die vom Gericht dafür bei den Versorgungsträgern einzuholenden Auskünfte vorliegen. Eine Abtrennung des Versorgungsausgleichs, so dass über diesen später in einem anderen Verfahren entschieden und die Ehe sofort geschieden wird, lehnen die Gerichte häufig ab oder er scheitert an der erforderlichen Zustimmung des anderen Ehegatten.

Und schließlich ist beim Versorgungsausgleich noch eine taktische Überlegung zu berücksichtigen: Denn die Ehezeit für den Ausgleich ist die Zeit vom ersten Tag des Monats, in dem die Ehe geschlossen worden ist bis zum letzten Tag des Monats, bevor der Scheidungsantrag zugestellt wurde (§ 2 Abs. 3 VersAusglG).

Bezieht nun etwa der Ehemann als Angestellter ein hohes Gehalt mit einer erheblichen betrieblichen Zusatzversicherung, während die Ehefrau kein Einkommen erzielt, erhöht sich bei einer Scheidung ihre spätere Rente, je länger die Ehe dauert. Daher kann es zweckmäßig sein, statt einer sofortigen Härtefallscheidung ein Scheidungsverfahren mit Trennungsphase durchzuführen bzw. den Scheidungsantrag erst später einzureichen.

Umgekehrt sollte der Scheidungsantrag vom Ehemann, der von einer Härte betroffen ist, in einem solchen Fall besonders schnell gestellt werden. In der Praxis handelt es sich aber meist nur um relativ geringe Rentenanwartschaften, die auf diese Weise „zusätzlich“ erworben bzw. verloren gehen.

Im Ergebnis ist daher eine Härtefallscheidung nur empfehlenswert, wenn …

  • … tatsächliche Gründe für einen Härtefall vorliegen, die auch in der Person des anderen Ehegatten begründet sind.
  • … diese Gründe dargelegt, bewiesen und vom anderen Ehepartner nicht widerlegt werden können.
  • kein Versorgungsausgleich (etwa aufgrund einer notariellen Vereinbarung) durchzuführen ist.

Über den Autor

Autor
Geralt R.

Geralt hat eine Ausbildung als Standesbeamter abgeschlossen und verstärkt seit 2017 unser Team von scheidung.org. Mit seinen Ratgebern informiert er unsere Leser zu verschiedenen Themen im Familienrecht, wie z. B. Unterhalt und Sorgerecht.

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Kommentare

  • Ilknur sagt:

    liegt bei häußliche Gewalt härtefallscheidung vor

  • Karin sagt:

    ich habe eine bekannte die kroatin und der deutschen sprache nicht so mächtig deshalb schreibe ich ihnen.
    Ist es ein härtefall wenn gegen den Ehemann wegen Pädophieler Tätigkeit mit Minderjährigen ermittelt wird ? Er selber hat 2 Kinder … Mädchen 3 und 8 Jahre.
    Sie hat Angst um Ihre beiden Mädchen. Wäre lieb wenn sie mir Antworten würden.
    Danke

  • Sarah sagt:

    Kann mein Noch Ehemann sich früher scheiden lassen? Wir hatten kein eindeutiges Trennungsjahr, ganz im Gegenteil. Ich habe nach meinen Auszug des Hauses erfahren, dass er Vater geworden ist und zur Zeit mit der Mutter eine Beziehung führt. Sprich kann er schon vorher die Scheidung einreichen?
    Lieben Dank

    1. scheidung.org sagt:

      Hallo Sarah,

      sofern ein Härtefall vorliegt, muss das Trennungsjahr nicht eingehalten werden. Ob es sich in Ihrem Fall um einen Härtefall handelt, können wir an dieser Stelle jedoch nicht bewerten. Bitte wenden Sie sich zur Klärung an Ihren Anwalt.

      Ihr Scheidung.org-Team

  • Daniela sagt:

    Hallo, Hab ich eine Chance über eine Härtefallscheidung. Hab mich vom zwei Jahre vom meine Ehemann wegen erneuten Fremdgehen getrennt und nächste reiche ich den Scheidung ein. Mein Exmann hat mich nach dem Trennung massiv mit unterschiedliche Sache versucht unterdrück zu setzen und vom ca. ein Jahr zu seine damalige Affäre über mich in der Wohnung eingezogen. Sein unsere Trennung bin ich in Ärztliche Behandlung und leide unten schwere Depressionen, unten anderen bin ich tgl. unten Psychoterror durch meine Ex und seine neue Partnerin ausgesät.
    Ich muss noch dazu sagen, das meine Exmann währen den Ehe auch sehr Gewalttätig war und das müssten unsere Kinder leider miterleben.

  • Lisa sagt:

    Hallo. Hab ich eine Chance über eine Härtefallscheidung. Mein Mann schreit mich ständig an, beleidigt mich und macht mich mit Worten nieder. Z.b. ich bin eine Schlamperei, ein Messi, zu nix zu gebrauchen, bekomme nix im Leben auf die Reihe, wäre eine Rabenmutter u.s.w., und das ist nur das harmlose.Respeckt mir gegenüber hat er wenig. Nur leider kann ich es nicht beweisen da er klewer genug ist das nur zu machen wenn wir alleine sind. Würden Heimlich aufgezeichnete Tonbandaufbahnen da helfen? Denn hier würde keiner für mich aussagen, da es sich niemand mit ihm verderben wollen wird!😓

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