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Die Härtefallscheidung – Scheidung ohne Trennungsjahr

Von Scheidungsrecht.org, letzte Aktualisierung am: 17. Dezember 2020

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Unzumutbare Härte: Die Belastung in einer Beziehung muss groß sein, bevor die Voraussetzungen für den Härtefall gegeben sind.
Unzumutbare Härte: Die Belastung in einer Beziehung muss groß sein, bevor die Voraussetzungen für den Härtefall gegeben sind.

In Deutschland ist laut dem Paragraphen 1565 des Bürgerlichen Gesetzbuches das Scheitern der Ehe Voraussetzung für eine Ehescheidung. Üblicherweise wird dies durch ein Trennungsjahr deutlich: Die Ehepartner trennen Ihren Hausrat und leben gegebenenfalls in verschiedenen Wohnungen. Nach spätestens drei Jahren Trennungszeit wird die Zerrütung der Ehe unwiderlegbar vermutet.

Doch nach Absatz 2 des besagten Paragraphen kann eine Härtescheidung vollzogen werden, wenn

die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde.”

(Quelle: § 1565 BGB Abs. 2)

Dieser Ratgeber fasst zusammen, wann eine schnelle Scheidung ohne Trennungsjahr wegen einem Härtefall möglich ist. Dabei wird sich zeigen, dass die Gerichte bei der Härtefallregelung hohe Anforderung stellen.

Detaillierte Infos zur Härtefallscheidung

Härtefallregelung Häusliche Gewalt Psychische Gewalt in der Ehe Scheidung im Eilverfahren

Inhalt dieses Ratgebers

  • Welche Gründe für eine Härtefallscheidung sprechen – und welche nicht
  • Ablauf einer Härtefallscheidung
    • Der Versorgungsausgleich als Hindernis für die sofortige Scheidung
    • Fazit: Die Härtefallscheidung ist nur schwer durchsetzbar

Welche Gründe für eine Härtefallscheidung sprechen – und welche nicht

Das Zerrüttungsprinzip, wonach im deutschen Familienrecht jede Ehescheidung vollzogen wird, setzt voraus, dass die eheliche Lebensgemeinschaft unrettbar zerrüttet ist und nicht davon ausgegangen werden kann, dass sich die Wogen wieder glätten.

Ihr Anwalt wird einen Antrag auf Härtefallscheidung nur einreichen, wenn er nach Familienrecht eine Chance auf Bewilligung sieht.
Ihr Anwalt wird einen Antrag auf Härtefallscheidung nur einreichen, wenn er nach Familienrecht eine Chance auf Bewilligung sieht.

Ein Härtefall liegt dann vor, wenn die objektiven Gründe für die Härtefallscheidung in der Person des Antragsgegners liegen und für den Antragsteller eine unzumutbare Belastung darstellen. Ein subjektiv empfundenes Leiden führt also nicht dazu, dass die Härtefallregelung greift.

Wenn Sie also das Gefühl haben, dass Ihr Ehepartner sich lieblos verhält oder den Haushalt verkommen lässt, begründet dies längst keine Härtefallscheidung. Auch Eifersuchtsszenen und heftige Streits sind keine ausreichenden Gründe. Auch Narzissmus begründet normalerweise nicht die Anwendung der Härtefallregelung bei einer Scheidung.

Selbst ein Seitensprung oder einmalige Gewalt, die im Affekt gegen den Ehepartner angewendet wurde, lassen die Gerichte noch keinen Härtefall erkennen.

Folgende Beispiele zeigen auf, in welchen Situationen eine Scheidung durch Härtefall an deutschen Gerichten bereits durchgeführt wurde.

  • Gegenüber dem Ehegatten begangene Straftaten
  • Vergewaltigung des Ehepartners nach der Trennung ohne die Rückkehr des Opfers zum Täter
  • Aufforderung zu sexuellen Perversionen gegen den Willen des Ehepartners
  • Schwere Beleidigung, Bedrohung und Misshandlung des Ehegatten
  • Herabwürdigung und Beschimpfung des Ehegatten im Beisein der Kinder
  • Mordrohungen gegen den Ehegatten
  • Langjährige Alkohol- oder Drogenabhängigkeit und die Verweigerung oder das mehrfache Scheitern entsprechender Therapien
  • Alkohol- und Drogenmissbrauch im Beisein der Kinder
  • Außereheliche Beziehung mit Schwangerschaft
  • Außereheliche gleichgeschlechtliche Beziehung
  • Prostitution nach der Trennung
  • Eheschließung zur Erlangung eines Aufenthaltstitels
  • Psychische Krankheiten, die vor der Eheschließung unbekannt waren
  • Suizidversuch

Die Entscheidung, ob eine Ehe wegen Härtefall nach Paragraph 1565 BGB geschieden werden kann, liegt beim Gericht und ist immer unter Rücksichtnahme der Gesamtsituation zu fällen. Die hier aufgeführten Beispiele dienen zur Orientierung und sind kein Ersatz für eine anwaltliche Beratung.


Es ist zu erkennen, dass auch Krankheiten (Nerven- und Suchtkrankheiten) einen Härtefall begründen können. Die Härtefallscheidung hat ihre Gründe dann in der Person des anderen Ehegatten und nur das ist entscheidend, selbst wenn der Betroffene diese nicht selbst verschuldet hat.

Andauernde Gewalt gegen den Partner gilt laut Familienrecht als unzumutbare Härte.
Andauernde Gewalt gegen den Partner gilt laut Familienrecht als unzumutbare Härte.

Beim Ehebruch ist die Scheidung durch Härtefall zunächst nicht vorgesehen. Die gesellschaftlichen Veränderungen haben hier zu einer liberaleren Gesetzgebung geführt. Allerdings wird eine Härtefallscheidung unter weiteren Voraussetzungen denkbar.

Wenn der Ehepartner etwa über längere Zeit fremd geht oder darüber seiner Unterhaltspflicht nicht nachkommt, kann die Härtefallregelung greifen.

Auch eine gleichgeschlechtliche Liebesbeziehung oder eine außereheliche Schwangerschaft kann den Härtefall begründen.

Auch wenn objektive Gründe für die Härtefallscheidung vorliegen, ist neben der schwerwiegenden Eheprobleme auch die Trennung vom Partner eine zwingende Vorraussetzung, um die sofortige Scheidung zu erwirken. Der Scheidungswillige muss also die Trennung vollziehen, um seinen Scheidungswillen deutlich zu machen.

Die Gründe können dabei auch während der Trennungszeit auftreten, nachdem die Ehe schon gescheitert war. Wenn also beispielsweise der Ehemann während der Trennungsphase seine neue Freundin schwängert, kann ein Härtefall vorliegen.

Von einer Härtefallscheidung zu unterscheiden sind Ehen, die aufgehoben werden, weil sie nach deutschem Recht nicht hätten geschlossen werden dürfen. Darunter zählt etwa die Scheinehe. Eine “Scheidung” derselben erfolgt dann, weil Sie von vornherein nicht als eheliche Lebensgemeinschaft geplant war.

Ablauf einer Härtefallscheidung

Nachdem Sie sich mit ihrem Anwalt besprochen haben, kann dieser noch im Trennungsjahr den Scheidungsantrag einreichen und darin den Härtefall begründen. So können Sie versuchen, eine Härtefallscheidung zu erwirken. Allerdings müssen die vorgebrachten Gründe bewiesen werden.

Der Ablauf einer Härtefallscheidung kann belastend sein. Dies gilt vor allem, wenn Zeugen befragt werden müssen.
Der Ablauf einer Härtefallscheidung kann belastend sein. Dies gilt vor allem, wenn Zeugen befragt werden müssen.

Dies kann beispielsweise durch Zeugenaussagen oder ärztliche Atteste geschehen. In einigen Fällen widerspricht der andere Ehegatte den vorgebrachten Gründen. In dem Fall muss das Familiengericht tätig werden und eine Beweisaufnahme durchführen. Nun werden bespielsweise Zeugen befragt. Durch die Ermittlungsarbeiten dauert auch eine Härtefallscheidung mitunter nicht wesentlich kürzer als eine normale Scheidung mit einjähriger Trennungszeit.

Der Versorgungsausgleich als Hindernis für die sofortige Scheidung

Die Ermittlung der Rentenanwartschaften für die Ehepartner wird bei einer Scheidung von Amts wegen durchgeführt. Sobald der Scheidungsantrag beim Familiengericht eingegangen ist, wird dieser Prozess in Gang gesetzt. Bei zügiger Rücksendung der Formulare seitens der Ehegatten dauert dieser bis zu einem halben Jahr. Somit wird auch die Härtefallscheidung um diese Zeit verzögert.

Der Antrag auf eine Abtrennung des Versorgungsausgleichs von der Scheidung, sodass also letztere zunächst beschlossen werden kann, um hernach den Versorgungsausgleich zu ermitteln, scheitert meist an der notwendigen Zustimmung des anderen Ehegatten. Somit muss auch bei einem Härtefall der Versorgungsausgleich vorliegen, bevor der Scheidungsbschluss gefasst werden kann.

In einigen Fällen ist die Härtefallscheidung nicht mal zu empfehlen. Dies gilt insbesondere, wenn derjenige Ehegatte die Härtescheidung will, der letztlich ein Anrecht auf Ausgleich der Rentenansprüche hat. Denn je länger die Trennungszeit, desto höher der Anspruch auf Ausgleich der Altersversorgung.

Auf der anderen Seite gilt natürlich, dass der Ehepartner, welcher von unzumutbarer Härte betroffen ist und die höheren Rentenansprüche hat, schnellstmöglich die Härtefallscheidung durchführen sollte, soweit ihm oder ihr dies möglich ist.

Fazit: Die Härtefallscheidung ist nur schwer durchsetzbar

Es ist möglich, sich aufgrund eines Härtefalls sofort scheiden zu lassen, wenn:

Bei Zerrüttung der Ehe hilft Ihnen ein Anwalt durch alle Instanzen, bis Sie letztlich geschieden sind. Auch ohne Härtefall.
Bei Zerrüttung der Ehe hilft Ihnen ein Anwalt durch alle Instanzen, bis Sie letztlich geschieden sind. Auch ohne Härtefall.
  • objektive Gründe dafür vorliegen, die in der Person des anderen begründet sind.
  • die objektiven Gründe durch stichfeste Beweise belegt und nicht vom Ehepartner widerlegt werden können.
  • kein Versorgungsausgleich stattfinden muss. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn eine notarielle Vereinbarung diesbezüglich vorliegt. Die Härtefallscheidung ist zwar auch mit Versorgungsausgleich möglich, kann sich jedoch stark verzögern.

Diese Voraussetzungen sind nicht leicht zu erfüllen, weshalb ein Härtefall nicht immer zu einer schnelleren Scheidung führt. Dies gilt umso mehr, wenn der Ehegatte und Antragsgegner sich dagegen zu wehren versucht. Die Dauer der Scheidung kann dann stark verzögert werden.

Kommentare

  1. P. meint

    8. Oktober 2019 um 15:26

    Egal, was der Partner lügt,vor der Ehe und in der Ehe Verbrechen begeht, in der Ehe dafür verurteilt wird. Mit erschießen droht… Egal, ob er gegen das Gewaltschutzgesetz verstößt…. Härtefallscheidung große Dehnbarkeit wie ein Gummi ohne Ende,egal wie der niedergemachte, bedrohte Partner es durchgelebt hat. Anwälte und Gerichte sitzen wie Roboter am Gesetzblatt. Und sie tun dich unendlich schwer zu entscheiden und arbeiten durch zusätzliche Terminüberlastung ihren Stoff ab. Lösung nach irgendwann oben offen. Hauptsache Gebühren entstehen und belasten die einen, begünstigen andere. Deutsches Scheidungsrecht ist so unpersönlich, so veraltet und meinen Augen ungerecht und langwierig ohne brauchbaren Ansatz. GESETZE ADE!

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